Es klingt wie ein Zwiespalt: „Im Kollegium gelte ich als Freak unter den Lehrkräften, weil ich auch Fotograf bin“, erzählt Gereon Roemer, Diplom-Ingenieur für Maschinenbau und Lehrer am Berufskolleg Technik in Moers, „und unter den Fotografen bin ich für manche der Spießer, da ich im Hauptberuf Beamter bin. Dennoch hat es Vorteile, wenn man Beruf und Berufung miteinander in Einklang bringt. Hätte ich damals alles nur auf die Fotografie und meine Vorträge gesetzt, wäre ich nach der Corona-Zeit wahrscheinlich bankrott.“ Durch seine Leidenschaft für die Fotografie und die Verbundenheit zur Natur hat er sein Hobby über die Jahrzehnte zum professionellen Handwerk entwickelt. Gereon Roemer zählt in der Branche mittlerweile zu den renommiertesten Vortragsreferenten und Landschaftsfotografen. Besucher seiner multimedialen Fotopräsentationen sind begeistert – in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.
Beim ersten Diaporama hat es „Klick“ gemacht
Diaporama, so nannte man es damals, wenn Fotografien mit einem Dia-Projektor auf einer Leinwand gezeigt wurden – ohne Text. Klingt wenig cool für einen Dreizehnjährigen, der viel lieber mit seinen Kumpels auf dem Mofa rumgeknattert wäre. Doch sein Vater war hartnäckig und schleppte ihn mit zum Dia-Vortrag über Norwegen. Dieser Vortrag löste damals etwas in ihm aus, das bis heute genau sein Ding ist: „Die Technik, die Darbietung und das Land haben mich fasziniert. Für damalige Verhältnisse war das sehr aufwendig gemacht, mit vier Projektoren, die die Bilder rechts und links, mal wechselnd, mal zusammengefügt, auf einer Leinwand zeigten. Immer wieder habe ich mich umgedreht, um zu sehen, welcher Projektor grade aktiviert wurde. Nach dieser Veranstaltung war mir klar: Genau das will ich in meinem Leben machen können – allerdings ohne konkrete Karriereplanung oder Business-Plan“, erinnert sich Gereon Roemer. Fortan wurde die analoge Kamera vom Vater, eine Minolta XG1 mit einem lichtstarken 50mm-Objektiv, immer häufiger sein Begleiter.
Im Fokus waren überwiegend Natur- und Landschaftsmotive, „ein wohltuender Ausgleich zur Wohnung im 4. Stock in Düsseldorf“. Nach dem Abitur folgte die Bundeswehrzeit bei den Panzergrenadieren in Göttingen. Mit der Abfindung und weiterem Erspartem konnte die sehnsüchtig erwartete erste große Tour mit dem Motorrad gestartet werden. Geplant waren zwei Monate. Ziel: Norwegen – natürlich. Darüber sollte schließlich ein fulminanter Dia-Vortrag produziert werden. Leider endete das Abenteuer bereits nach fünf Wochen: Das Geld war aufgebraucht und die Foto-Ausbeute unbefriedigend. „Danach habe ich Maschinenbau studiert und bodenständiger für meine weitere Lebensgrundlage gesorgt – immerhin komme ich aus einem Beamtenhaushalt“, schmunzelt der heute 50-Jährige. „An der Uni wurde viel Werbung für das Lehrerstudium gemacht, Berufsschul-Lehrkräfte waren sehr gefragt. Somit absolvierte ich obendrein das Lehramtsstudium und unterrichte heute schwerpunktmäßig Metalltechnik und Fotografie für den Ausbildungsgang „Gestaltungstechnischer Assistent.“
Tüftler mit Perfektionismus
Fünf Jahre nach der ersten Norwegen-Tour folgte 1997 nach intensiver Vorbereitung eine weitere Fotoreise – diesmal über vier Monate, einsam und allein in einem gebrauchten VW-Bully, der dank ADAC-Unterstützung mehrfach reanimiert wurde. „Meine Touren sind sehr puristisch angelegt. Ich verzichte bewusst auf Komfort und liebe die Einfachheit und unmittelbare Nähe zur Natur. Im Mittelpunkt steht immer die Auseinandersetzung mit dem Motiv. Wo ist die beste Perspektive? Wie ist das Licht? Wann ist der beste Zeitpunkt? Jedes Foto ist ein regelrechtes Austüfteln“, erklärt Roemer. Diesmal reichte die Fotoausbeute für sein Vortragsdebüt vor immerhin 150 Zuschauern. Das motivierte umso mehr und war Ansporn für weitere Fotoreisen rund um den Globus. Doch seine intensivste Beziehung entwickelte er zu den Landschaften Europas – insbesondere Norwegen, Schottland und in den letzten Jahren Mallorca. Für seine bildgewaltige Fotopräsentation „Mallorca – Insel der Stille“ war er rund 20 Mal vor Ort, um mit einzigartigen Fotos, Video- und Drohnensequenzen die „mallorquinische Seele“ abzubilden, fernab von jedem Touristentrubel. Im Fokus des sympathischen und eloquenten Fotografen liegen nicht allein die dokumentarischen Reiseinformationen und die Herausstellung von Sehenswürdigkeiten. Das tiefe Empfinden für eine außergewöhnliche Landschaft verleiht seinen Bildern Ästhetik, Authentizität und Ausstrahlung.
Reisen mit dem Kopf
Mit der modernen Digitalprojektion erweiterten sich auch die kompositorischen und dramaturgischen Möglichkeiten für eine neue Bildsprache: Aus früheren Dia-Schauen auf kleinen Leinwänden sind inzwischen multimediale Präsentationen geworden, brillant projiziert auf großen Kinoleinwänden, unterlegt mit korrespondierenden Sound- und Musikcollagen, die als emotionale Verstärker grade zu episch wirken. Gereon Roemer steht während der laufenden Präsentation auf der Bühne, erzählt live und anschaulich über seine Erlebnisse und Eindrücke. „Das hat gedauert, bis ich diese Auftritte genießen konnte“, bekennt der Referent, „kein Vergleich zu einer Schulklasse, die man routiniert führt. Hier steht man vor mehreren hundert Menschen unterschiedlichster Couleur und mit hoher Erwartungshaltung. Da war früher Lampenfieber pur angesagt.“
Die Qualität seiner Fotopräsentationen hat vor einigen Jahren den renommierten Kölner Veranstalter „GRENZGANG – Reisen mit dem Kopf“ dazu bewegt, Gereon Roemer praktisch als „Botschafter“ für den Standort Krefeld zu gewinnen, um regelmäßig in der Kulturfabrik sowohl seine eigenen als auch die Reisereportagen herausragender in- und ausländischer Natur- und Landschaftsfotografen zu zeigen. „Das kommt beim Krefelder Publikum mega an – quer durch alle Altersklassen. Musste man bislang zu GRENZGANG-Veranstaltungen nach Köln, Düsseldorf oder Aachen fahren, kann man sich nun in der KuFa eine rund zweistündige Auszeit gönnen und dabei audiovisuell in ferne und zum Teil exotische Regionen eintauchen. Bis Corona kam. Leider!“
Aus der Ferne in die Nähe: Krefeld und der Niederrhein im Sucher
Aktuell sind Fotoreisen wegen der Corona-Pandemie nicht möglich. Gereon Roemer macht aus der Not eine Tugend und entdeckt seitdem die „wunderbarsten Motive vor der eigenen Haustür. Davon gibt es in Krefeld und am Niederrhein reichlich.“ Sein fotografisches Wissen, Tricks und Kniffe vermittelt er zudem hautnah in Foto-Workshops – jetzt verstärkt in unterhaltsamer und informativer Form digital auf seinem eigenen YouTube-Channel. Und wie bringt man Fernweh und seine einsamen Touren in Einklang mit der Familie? „Es gibt einen Deal mit meiner Frau und unserer Tochter“, bekennt Gereon Roemer augenzwinkernd: „Sechs Wochen pro Jahr sind genehmigt. Zwei Wochen im Frühjahr, zwei Wochen im Sommer und zwei Wochen im Herbst. Da ist Papa allein auf Fotopirsch. Das ist auch für den Familienfrieden stimmig. Denn morgens um 4 Uhr bereits unterwegs zu sein, um rechtzeitig einen Sonnenaufgang einzufangen, das ist nicht für alle ein freudiges Ereignis.“
mehr kredo, mehr lesen – weitere interessante Inhalte
Zum stöbern
Ein zufälliger Beitrag aus unserem Fundus: