Fast hätte der malerische Stadtteil Traar sein Wahrzeichen, die Egelsberg-Mühle, an den Zahn der Zeit und die unbarmherzigen Kräfte der Natur verloren – wäre da nicht ein unermüdlich engagierter Bürgerverein, der dem beliebten Ausflugsziel nicht nur neue Flügel verliehen hat…

Peter Lengwenings

Don Quijote, die berühmte literarische Gestalt des Schriftstellers Miguel de Cervantes, hielt Windmühlen für vielarmige Riesen und stellte sich zum Zweikampf. Sein getreuer Diener Sancho Pansa kommentierte das Scheitern Quijotes: „Habe ich’s Euer Gnaden nicht gesagt, Ihr möchtet wohl bedenken, was Ihr tuet, es seien nur Windmühlen, und das könne nur der verkennen, der selbst Windmühlen im Kopf habe?“ Daher bezeichnet die Redensart „gegen Windmühlen kämpfen“ heute einen aussichtslosen Feldzug gegen einen unveränderbaren Zustand. Soweit der Klassiker der Weltliteratur.

Im wahren Leben beweisen Mitglieder vom Bürgerverein Traar e.V. seit Jahren sehr eindrucksvoll, dass gemeinschaftliches und zielgerichtetes Handeln sehr wohl Zustände positiv verändern kann. Konkret geht es um das landschaftsprägende Wahrzeichen Traars, das auf einem eiszeitlichen Hügel am Ende des Flugplatz- Rollfelds steht: die Egelsberg-Mühle. Seit dem 1. Januar 2016 ist der Traarer Bürgerverein mit seinen rund 1.400 Mitgliedern neuer Mieter – zunächst für 15 Jahre und mit anschließender Verlängerungsoption.

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Walter Kienen kümmert sich ehrenamtlich um den Erhalt der Egelsberg-Mühle.

Von Kopf bis Fuß ein Sanierungsfall

„Im Grunde war die ganze Mühle klitschnass – vom Kopf bis Fuß“, berichtet Walter Kienen vom Vorstand des Bürgervereins Traar, der mit viel Herzblut das Sanierungsprojekt federführend ehrenamtlich unterstützt. „Es regnete bereits durchs Dach. Der Niederschlag ergoss sich mangels Regenrinnen zudem auf das darunterliegende poröse Mauerwerk des konischen Mühlenkörpers. Bei Bohrungen ins Mauerwerk wurden rund 94 Prozent Feuchtigkeit gemessen, was enorme Schäden hervorruft.

Gemeinsam mit dem Traarer Architekten Johannes Wiesehahn, Bauphysikern, Statikern, Zimmerleuten sowie dem Denkmalschutz, dem Landschaftsverband Rheinland und der Stadt Krefeld wurde zunächst eine umfassende Bestandaufnahme mit Gutachten vom Gebäude gemacht. Und das hat uns die ganze Dimension des Projekts vor Augen geführt: eine Mammutaufgabe, die nur durch eine Kernsanierung und mit erheblichen finanziellen Mitteln zu stemmen war. Unterm Strich wurden rund 300.000 Euro veranschlagt – erstmal für die elementaren Instandsetzungen.“  

Walter Kienen lobt die kooperative Zusammenarbeit mit der Stadt Krefeld als Eigentümerin –  insbesondere mit dem Gebäudemanagement. Ohne die professionelle Unterstützung sei der Verein heute nicht so weit, erzählt er: „Der damalige neue Leiter, Rachid Jaghou, hatte von Anfang an ein offenes Ohr für unsere Anliegen. Es wurden über Jahre finanzielle Mittel in den städtischen Haushalt eingestellt und wichtige Anträge initiiert, um Fördermittel des Landes aus der Denkmalpflege zu erhalten. Als gemeinnütziger Verein hätten wir das allein nicht gepackt. Die Stadt allein allerdings auch nicht, und so war und ist es für beide Seiten ein unschätzbarer Gewinn.“

Vom Dornröschenschlaf zum strahlenden Denkmal

Die bislang umgesetzten Außenarbeiten springen allen ins Auge, die im wunderschönen Naturschutzgebiet am Egelsberg spazieren gehen. Schon aus der Ferne betrachtet, erstrahlt die Mühle im weißen Gewand: Ringsum wurde das komplette Mauerwerk instandgesetzt und neu verfugt. Eine Diffusionsfarbe verhindert Wasserstau, der Bodensockel wurde ebenfalls geschützt mittels einer Drainage, alle historischen Holzfenster sind überarbeitet und wieder eingesetzt, eine neue Dachhaube aus langlebigen Red-Cedar-Schindeln ist aufgesetzt, und das markante vierarmige Flügelwerk wurde von einer holländischen Spezialfirma vollständig erneuert.

„Vor rund zehn Jahren haben wir uns einen Spaß erlaubt“, schmunzelt Walter Kienen. „Im Traarer Blättchen hatten wir alle zu einer Präsentation eingeladen, um das innovative Projekt Windkraftanlage zur Stromversorgung vorzustellen. Und es kamen tatsächlich reichlich Besucher. Die hatten allerdings nicht auf dem Schirm, dass es am 1. April stattfand.“

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Die malerische Egelsberg-Mühle wird hoffentlich bald wieder für Veranstaltungen nutzbar sein.

Der Königsbalken setzt dem Ganzen die Krone auf

Momentan ruhen die Arbeiten. Warum? Das zeigt uns Walter Kienen im Inneren der Egelsberg-Mühle. Durch eine vergitterte Tür betreten wir die untere Ebene, wo sofort ein offener Kamin und eine hölzerne Theke auffallen, direkt daneben ein kleiner Sanitärraum. Eine geschwungene Holztreppe führt uns auf die nächste Ebene, wo zukünftig rund 30 Personen Platz finden. Hier fällt ein riesiger Eichenstamm auf, der in Kopfhöhe quer durch den Raum verläuft: der sogenannte „Königsbalken“. Auf ihm lastet das tonnenschwere Balken- und Zahnräderwerk. Aus Sicherheitsgründen muss zunächst die aufwändige Balkensanierung abgeschlossen sein, ehe weitere Schritte folgen. Die Ausschreibung dazu laufe bereits, und mit viel Glück sollten die Arbeiten im Herbst 2022 abgeschlossen sein.

„Wir wollen unsere Mühle ab 2023 wieder erlebbar machen: Mit kleineren Bürgerverein-Festen, Firmenveranstaltungen, Kunstausstellungen, Lesungen oder runden Geburtstagen. Und wer sich traut, kann in der Egelsberg-Mühle sogar den Bund fürs Leben schließen.“

Walter Kienen

Eine Wunschliste und viel Vorfreude

Nach Abschluss der Arbeiten am Balkenwerk will der Traarer Bürgerverein unbedingt wieder selbst Hand anlegen. Für die Erneuerung der Toilettenanlage, des offenen Kamins und der Heizung sowie weitere Renovierungsarbeiten, Mobiliar und Elektrik sind rund 70.000 Euro veranschlagt. „Sponsoren und Spender sind daher herzlich willkommen“, motiviert Kienen, der voller Optimismus auf das einzigartige Denkmal blickt: „Schließlich wollen wir unsere Mühle ab 2023 wieder erlebbar machen: Mit kleineren Bürgerverein-Festen, Firmenveranstaltungen, Kunstausstellungen, Lesungen oder runden Geburtstagen. Nur laute Feten wollen wir aus Rücksicht auf Nachbarschaft und Natur nicht zulassen. Und wer sich traut, kann in der Egelsberg-Mühle sogar den Bund fürs Leben schließen. Sie gehört nämlich offiziell zu den ‚besonderen Traustätten‘ in Krefeld.“

Weitere Informationen & Kontakt: www.egelsbergmuehle-krefeld-traar.de

Die Historie der Egelsberg-Mühle

Das Mühlenbauwerk wurde Ende des 18. Jahrhunderts nach holländischer Bauart errichtet und 1802 in Betrieb genommen. In ihrer ursprünglichen Ausstattung war sie eine gemauerte Turmwindmühle, die in den Wind gedreht werden konnte. Bis 1942 war sie als Getreidemühle in Betrieb.
Erheblich beschädigt wurde sie im März 1945 durch  Artillerietreffer. 1954 wechselte die Mühle von Privatbesitz ins Eigentum der Stadt Krefeld, und die Denkmalpflege kümmerte sich um die Behebung der äußeren Schäden. 1989 wurde die Mühle an die Interessengemeinschaft Egelsberg-Mühle vermietet und im Inneren weiter restauriert. Seit Anfang 2016 hat der Bürgerverein Traar e.V. die Mühle langfristig angemietet.

Peter Lengwenings

Über den/die Autor/in: Peter Lengwenings

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Tags: , , , 0 Kommentare on Die Egelsberg-Mühle: Bürgerverein Traar verleiht FlügelVeröffentlicht am: 9. Februar 2022Zuletzt bearbeitet: 16. Februar 20231001 WörterGesamte Aufrufe: 593Tägliche Aufrufe: 15,3 Minuten Lesezeit

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