Der zweite kleine Streifen kann alles verändern. Wenn der Schwangerschaftstest unmissverständlich anzeigt, dass ein Baby unterwegs ist, stürzt das eine Frau mitunter in eine tiefe Krise. Denn längst nicht immer sind Schwangerschaften gewollt, und viele Schwangere wissen nicht, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen. Dann können unter Umständen Sozialarbeiterin Marita Tautz und ihre Kolleginnen vom Krefelder Schwangerennotruf helfen. Unter einer kostenfreien Telefonnummer können sich ratsuchende Teenies und Erwachsene an die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle wenden und sich von erfahrenen Seelsorgerinnen beraten lassen.
24 Stunden am Tag erreichbar
„Hallo… bin ich hier mit dem Schwangerennotruf verbunden?“, fragt die Anruferin unsicher. Ihren Namen braucht sie nicht zu nennen. Marita Tautz berät anonym und unvoreingenommen. Und immer mit einem ermunternden Wort auf den Lippen. „Wir wollen unser Angebot so niederschwellig wie möglich halten“, sagt die Frau mit der blonden Kurzhaarfrisur, „deshalb bestärke ich zuerst immer meine Gesprächspartnerin, weil sie sich getraut hat, diese Nummer zu wählen und sich bei uns zu melden.“
Die Nöte der schwangeren Frauen zeigen eine große Bandbreite. „Ich bin ungewollt schwanger und weiß nicht, was ich jetzt machen soll“, „Wie komme ich an die Pille danach?“, „Kann es sein, dass der Schwangerschaftstest nicht richtig funktioniert?“ oder auch „Mein Partner hat mich mitten in der Schwangerschaft verlassen“ sind häufige Gesprächsthemen am Telefon. Manchmal gibt es auch konkrete Fragen zu einer eventuellen Abtreibung. Auch die Möglichkeiten der vertraulichen Geburt als Alternative zur Babyklappe können hier besprochen werden. Besonders emotional erinnert sich Marita Tautz an ein Telefonat mit einer Frau, die mit einem stark behinderten Kind schwanger war. „Sie rief bei uns an, während sie auf das Testergebnis wartete. Es hatte bei den ärztlichen Untersuchungen Auffälligkeiten gegeben. Die Frau brauchte jemanden zum Reden. Und dann hat sie noch ein zweites Mal angerufen, als das Testergebnis positiv war. Diese Hilflosigkeit der Frau, die war sehr ergreifend. Wie sie sich letztendlich entschieden hat, ob sie das Kind bekommen hat oder nicht, weiß ich nicht.“
Angebot jederzeit verfügbar
Dass sich Frauen in Notsituationen jederzeit Hilfe holen konnten, war nicht immer so. Der Schwangerennotruf wurde 2007 ins Leben gerufen, nachdem zwei Krefelder Säuglinge im Park ausgesetzt worden waren und daraufhin verstarben. Die dazugehörigen Mütter waren bei den bereits installierten Beratungsstellen nicht bekannt. Allerdings gab es damals nur Hilfsangebote ohne Abend- oder Wochenendberatung. Doch Zweifel und Ängste halten sich nun mal nicht an reguläre Büroarbeitszeiten. So wurde der Krefelder Schwangerennotruf initiiert. „Das war damals keine ganz neue Einrichtung, aber eine, die erstmals 24 Stunden am Tag erreichbar war“, erklärt Kathrin Hübner-Dreeßen, ärztliche Leiterin des Psychosozialen Zentrums Krefeld (SPZ), unter dessen Dach der Schwangerennotruf seinen Platz gefunden hat. „Dieses Projekt ist eine Vernetzung der vorhandenen Beratungsstellen. Dazu gehören Donum Vitae, Rat und Hilfe, Pro Familia, die evangelische Beratungsstelle, der Telefonseelsorge und das Team SPZ.“ Wer den Schwangerennotruf wählt, kommt vor allem mit weiblichen Fachberaterinnen in Kontakt. Den Notruf betreuen abwechselnd Pädagoginnen, Sozialarbeiterinnen, Familientherapeutinnen oder Psychologinnen. Nur ein einziger Mann arbeitet hier; ihn bekommt man aber eher selten ans Telefon.
Erste Anlaufstelle in Krisenzeiten
Das Ziel des Schwangerennotrufs ist es, jederzeit unkompliziert und ohne Hemmschwelle die erste Anlaufstelle für Schwangere in persönlichen Krisenzeiten zu sein und sie an die richtigen Stellen weiterzuleiten. Die Länge eines Telefonats kann ganz unterschiedlich sein. „Das dauert von dreieinhalb Minuten bis zu einer Stunde“, erklärt Tautz, „das kommt ja ganz auf die Bedürfnisse der Frau an.“ Manche brauchen nur eine Information, an welche Stelle sie sich wenden können, andere dagegen brauchen Raum, um ihre Gedanken zu formulieren. „Eine zeitliche Obergrenze für ein Telefonat gibt es bei uns nicht“, betont Hübner-Dreeßen. „Zu einem Gespräch gehört ja auch manchmal, einfach gemeinsam zu schweigen und der Frau die Gelegenheit zu geben, ihre Gedanken zu ordnen.“
In der Regel wird am Ende eines Gesprächs für die Frau ein Termin bei der diensthabenden Beratungsstelle für den Folgetag vereinbart. In diesem Fall leiten die „Ersthelferinnen“ des Notrufs ein Gesprächsprotokoll weiter, so dass die Berater dort bereits mit der Situation der Ratsuchenden vertraut sind und die Schwangere gleich über ihr Thema sprechen kann, ohne alles noch einmal von Anfang an erklären zu müssen. Für Marita Tautz endet damit der jeweilige Kontakt. „Ich gehe dann mit dem Gefühl nach Hause, dass ich einer Frau helfen konnte, indem ich sie entlaste und ihr Perspektiven aufzeige. Es ist ein schönes Gefühl, die Menschen unterstützen zu können.“
Schwangerennotruf Krefeld
Telefon: 02151-6535251
www.schwangerennotruf-krefeld.de
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