Das Thema Urlaub ist allgegenwärtig. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie. Tapetenwechsel. Mal was anderes sehen. Manche tanken ihren Akku auf, indem sie irgendwo in einer wohligen Komfortzone all-inclusive abhängen. Andere trampen mit Rucksack einfach los oder erfahren die Welt mit einem mobilen Gefährt. Oft reist dieses Muster ein Leben lang mit. Nicht so bei Uwe Papenroth, der sich bis Anfang 40 selbst eher als „Mainstream-Urlauber“ einschätzte und dann zum umtriebigen Weltenbummler avancierte.
„Früher hatte ich eine Fünf-Tage-Woche im Büro und war anschließend das komplette Wochenende unterwegs, um mehrere Läden zu betreuen oder selbst zu leiten – darunter die Königsburg in Krefeld, das World-Center in Kleve, das Playa in Bochum und die Düsseldorfer Nachtresidenz. Wenn man dann erst gegen 6 Uhr morgens nach Hause kommt, ist ein harmonisches Familienleben mit Kindern kaum möglich.“ Die Fußball-EM 2006 brachte für Uwe Papenroth (56) den entscheidenden Richtungswechsel, als er Sandra Stocks, seine Frau, kennenlernte, die ihn auf andere Ziele lenkte. Es folgte die erste gemeinsame Reise nach Bali, die schon „camping-mäßiger verlief und für mehr Entdeckungstouren inspirierte“. Dazu zählte eine Schwedentour zur Mitsommer-Nacht im gemieteten Mercedes James Cook mit Aufsitzkabine.
Zeitsprung. Mai 2021. Uwe Papenroth sitzt hoch oben im Fahrerhaus seines halbfertig selbstausgebauten Mercedes-Benz-LKW aus dem Jahr 1986, der über viele Jahre dem Technischen Hilfswerk als Rettungsfahrzeug diente. Inzwischen ist er dreifacher Familienvater. Mit Luca (8), Felix (4) und Oscar (2) haben Uwe und Sandra bereits unzählige Exkursionen weltweit unternommen. Neben den europäischen Ländern zählen unter anderem Australien, Neuseeland, Asien, China, Island und vor allem Südamerika dazu, wo die damals vierköpfige Familie rund fünf Monate Land und Leute kennengelernt hat: Bolivien, Chile, Peru, Patagonien, Argentinien, Paraguay, Uruguay und Süd-Brasilien. Über dieses Projekt hat er einen abendfüllenden Film gemacht, der 2020 im „SWK-Open-Air-Kino“, dessen Gründer und Betreiber er ist, gezeigt wurde. Wenn Uwe Papenroth über das Weltenbummeln spricht, klingt es ziemlich einfach. Ist es auch, wenn man einige Dinge beherzigt:
„Einfach machen – je früher, umso besser.“
„Mit 85 Jahren wird es sicherlich schwieriger, größere und vielleicht exotischere Touren mit dem Wohnmobil zu unternehmen. Gerade mit sehr jungen Kindern ist es mega entspannt. Luca war damals sechs Wochen alt, als wir ein halbes Jahr unterwegs waren. Wenn sie später selbstständig krabbeln und experimentieren, ist die Gefahr viel größer, dass sie eine Vogelspinne auf dem Kopf haben oder mit Schlangen spielen wollen. Außerdem fahren wir selten ins Outback, sondern bewegen uns dort, wo im Notfall größere Städte rasch zu erreichen sind“, erklärt der Weltenbummler. „Wichtig ist, dass es ein Familienprojekt ist, wo alle mitziehen, arbeitsteilig anpacken und obendrein alle Spaß daran haben. Mitunter bekommt man auch Gegenwind, nach dem Motto: Wie kann man das nur machen? Aber gerade mit Kindern haben wir weltweit viel Gastfreundschaft und Freundlichkeit erfahren.“
Eigenrecherche, intensive Planung und mit Erfahrungen wachsen
Anfangs stehen weittragende Entscheidungen an: Miete, Kauf oder Selbstausbau? Welche Ansprüche muss das Fahrzeug erfüllen? „Das ist sehr individuell geprägt. Will man reißende Flüsse, steilste Geländeformen oder gar Wüstendurchquerungen bewältigen, steigen auch die technischen Voraussetzungen“, beschreibt Uwe. Es sei wichtig, selbst zu recherchieren und zu vergleichen, denn jeder Hersteller preist natürlich sein Angebot als das Beste an. Hilfreich können Messebesuche sein – so die jährliche Allradmesse in Bad Kissingen, wo man sich über 2.000 Fahrzeuge anschauen und fachsimpeln kann. „Anfangs haben wir ausschließlich gemietet, immer größere Touren gemacht und immense Erfahrungen gesammelt. Man gewichtet, je nach Anspruch, bestimmte Kriterien wie Allrad-Antrieb, Radstand, Wärme-Isolation, Energieversorgung, Klimaanlage, Standheizung, Diebstahlsicherung und Ersatzteilversorgung im Ausland. Corona-bedingt wurde nochmal ein wahrer Hype auf Wohnmobile ausgelöst. Das heißt, die Nachfrage ist so hoch, dass beim Neukauf enorme Wartezeiten von teils über einem Jahr in Kauf genommen werden müssen. Das gilt ebenso für Materialien beim Eigenausbau. Dies sollte man berücksichtigen“, weiß Uwe Papenroth.
Ständige Reisebegleiter: Neugierde, Demut & Lebensqualität
„Auf der einen Seite verzichtet man auf gewohnten Komfort. Dafür bekommt man unglaublich viel zurück. Vor allem die Erkenntnis, wie wenig man im Grunde zum Leben benötigt. Oftmals verwechseln wir Lebensstandard mit Lebensqualität. Die absolute Stille inmitten eines ausgetrockneten Salzsees wahrzunehmen, einzigartige Naturformen im Urwald zu studieren, ehrliche Gastfreundschaft, Toleranz und Offenheit – das sind wahre Schätze. Und der Kontrast insbesondere in Slums, wie wir es unerwartet in Indien erlebt haben, schafft Demut und Dankbarkeit. Und einen Grund, weniger zu meckern“, beschreibt Uwe demütig. Und was macht das mit Kindern, die schließlich für eine bestimmte Zeit vom regulären Schulunterricht befreit sind? „Im Vergleich zu Altersgenossen gewichten sich die Interessen völlig anders. Da interessiert eine Playstation gar nicht. Beliebter sind im Fernsehen eher Dokumentationen über andere Länder und Tiere. Luca und Felix fotografieren sehr gern in der Natur. Das fördern wir stetig und lassen den Kindern ihre Freiräume – allerdings moderiert mit Regeln, insbesondere was die Mediennutzung anbetrifft. Aber ohne den Stempel ‚Helikopter-Eltern‘. Vorlesen war von Anfang sinnvoll, um Neugierde und Interesse zu fördern“, erläutert der Familienvater.
Der Weg ist das Ziel
Im alten Mercedes-LKW steht der komplette Innenausbau an. Die Bauskizzen auf dem Boden lassen den Aufwand erahnen. Der große Container-Aufbau mit speziell angepassten Fenstern ist fertig installiert, ebenso ein 500-Liter-Frischwassertank. Voraussichtlich noch ein Jahr, dann startet damit das nächste Familien-Projekt, diesmal auf östlicheren Routen. Die Seidenstraße ist eine Option. Auf jeden Fall wollen die Papenroths dorthin, wo sich nicht die Massen bewegen und es noch Wege und Plätze gibt, die darauf warten, entdeckt, erkundet und wertschätzend genossen zu werden. Vorher mag es noch ein Reiseführer-Projekt geben und eine gefilmte Island-Tour. Schließlich gibt es wenige Dokumentationen, die Rundtouren mit Kindern beschreiben. Drücken wir die Daumen, dass alle wieder gesund und munter nach Krefeld zurückkehren – rechtzeitig zum Start des Sommerkinos auf der Galopprennbahn.
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