Sie sind aus Stahl und Eisen und industriegrün oder dunkelgrau lackiert. Jahrzehntelang standen sie in staubigen Werkstätten. Auf ihnen wurde gefeilt, gefräst und gehämmert – und manchmal auch ein Butterbrot auf ihnen abgelegt. Die Rede ist von Werkbänken. Dieses Universalmöbel der Industrialisierung war und ist ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Werkstatt. Und manch historisches Exemplar stellt heute ein besonderes Wohnobjekt in einer modernen Wohnung dar.
Die Räume von Gabriele Schovenberg sind ein wahres Paradies für Liebhaber alter Industriemöbel. ,FrauWerkstatt‘, wie sie sich selbst nennt, hat ihr Domizil in einem Bauernhof – ganz weit draußen zwischen Krefeld und St. Tönis – gefunden. Hier steht Werkbank neben Stahlspind und Werkzeugschrank. An der Decke leuchten originale Industrielampen. An den Wände hängen alte Erdkundekarten und anatomischen Zeichnungen. Den Platz für ihre Schätze hat die gelernte Krankenpflegerin ihrem Mann Karl abgetrotzt, der nebenan gebrauchte Maschinen überarbeitet und für den Wiedereinsatz herrichtet. „Zuerst wollte er nicht, aber als dann einer seiner Brüder den Hof verließ, konnte er nicht mehr nein sagen“, erzählt sie mit einem Schmunzeln. Inzwischen begeistert sich auch Karl Schovenberg für die Passion seiner Frau und hilft tatkräftig mit, die Industrieschätzchen zu präsentieren und zu transportieren.
Dabei werden einige Möbelstücke aufwändig restauriert, während Gaby Schovenberg andere Objekte fast im Originalzustand belässt. „Manche Kunden möchten Patina und Gebrauchsspuren eins zu eins erhalten, die bitten mich, gesplitterte Holzoberflächen nicht glattzuschleifen und verbeulte Stahltüren nicht geradezubiegen“, berichtet sie. „Diese Leute haben häufig eine sehr hochwertige Einrichtung und lieben den Kontrast zwischen ihren Hochglanz-Designerstücken und den abgenutzten Industrieschätzchen. Oft sind das Architekten oder andere Kreative, die sehr viel Wert auf ihre Inneneinrichtung legen.“
Dass Gaby Schovenberg einen Gesundheitsberuf gelernt hat, wird vor allem in ihrer ,Medizinecke‘ deutlich. Hier steht ein ausgesprochenes Prunkstück ihrer Sammlung, ein Original-Seziertisch aus der Pathologie eines sächsischen Krankenhauses. Der ist passend vor einer Wand mit anatomischen Darstellungen des menschlichen Körpers und Zeichnungen des Blutkreislaufs platziert. Wer es medizinisch mag, kann hier auch noch ein Kunststoffmodell der inneren Körperorgane und einige alte Medikamentenflaschen erstehen. „Aus Sachsen und Thüringen bekomme ich viele alte Industriemöbel“, erklärt die Möbelhändlerin. „In den Betrieben dort wurden alte Einrichtungsgegenstände fast immer irgendwo im Keller aufbewahrt oder auch viel länger benutzt als hier im ‚reichen Westen‘. Inzwischen suche ich oft noch weiter östlich in Polen oder Tschechien. Ich bekomme aber auch schöne Stücke aus Belgien oder Frankreich – und manchmal auch direkt aus der Nähe.“
Da trifft es sich gut, dass Gabriele Schovenberg und ihr Mann sehr gerne reisen, und dies immer mit der Suche nach neuen alten Möbeln verbinden. „Entweder reisen wir dorthin, wo es Vintage-Möbel gibt, oder wir verreisen einfach und schauen dann vor Ort, ob wir etwas Spannendes finden“, benennt sie ihre Vorgehensweise. Sind die Raritäten aus Stahl und Holz dann mit Glück in der Tönisvorster Ausstellungshalle angekommen, beginnt der zweite Teil der Reise zu ihren künftigen Besitzern. Mit Unterstützung ihres Mannes werden die Möbel auf Paletten gestellt, gereinigt und – bei Bedarf – restauriert. Dann rückt Gaby die Unikate gekonnt ins rechte Licht – zum Beispiel indem sie einen alten Aktenschrank mit einer Lichterkette erleuchtet. „In die Schränke oder auf die Tische stelle ich gerne Teller und Tassen oder auch einmal ein paar Bücher oder Likörflaschen. So bekommen die potenziellen Kunden Anregungen für den späteren Gebrauch. Außerdem fördert Deko eindeutig den Verkauf“, erklärt sie mit einem Lächeln.
Gaby Schovenbergs ganz besondere Möbelausstellung kann man in der Regel samstags von 10 bis 17 Uhr bewundern. Manchmal ist sie dann aber auch auf Messen, Antikmärkten oder auf sonstiger Möbelsuche unterwegs. Daher sollte man auf jeden Fall einen Termin vereinbaren, bevor man sie besucht. Ein großer Teil des Verkaufs läuft heute bei ,FrauWerkstatt‘ aber auch über das Internet. Vieles verkauft sie über eBay Kleinanzeigen. Eine Auswahl ihrer Preziosen kann man auch immer auf ihrer Website und bei Instagram bewundern. „Ich habe schon einige Stücke nur per Web und Telefon verkauft“, berichtet sie. „Die Kunden kaufen dann, ohne den Gegenstand vorher persönlich gesehen zu haben, und bekommen ihn per Spedition direkt nach Hause geliefert.“ Was manchmal eine echte Herausforderung ist, da so ein Stahlspind oder eine massive Werkbank schon einmal ein- bis zweihundert Kilogramm wiegen kann.
Gabreiele Schovenberg freut sich sehr, wenn sie Gebrauchsgegenstände, die jahrelang ,treu‘ ihren Dienst getan haben, vor der Verschrottung rettet – und dazu noch Liebhaber alter schöner Dinge glücklich machen kann. Wer sie am Ort ihrer Passion besuchen möchte, ist herzlich willkommen. Einen heißen Kaffee hat sie auch immer vorrätig. Und wer am Dritten Advent bei ihr vorbeischaut, darf sich sogar auf ,Glühwein und Püfferkes‘ freuen…
FrauWerkstatt
Gabriele Schovenberg
Unterweiden 122
47918 Tönisvorst
Telefon: 02151-795522
www.frauwerkstatt.de
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