Morgens um 6 Uhr sind die meisten Menschen noch […]

Peter Lengwenings

 

Morgens um 6 Uhr sind die meisten Menschen noch zu Hause und starten mit dem ersten Kaffee in den Tag. Nicht so im Gewerbepark der ehemaligen englischen Kaserne an der Mevissen Straße, der  zentralen Auslieferungsstelle von „Essen auf Rädern“. Allmorgendlich herrscht hier emsiges Treiben. An Wochenenden und Feiertagen. Täglich werden hier rund 300 Essen angeliefert. Frisch vorgekocht und ansehnlich angerichtet auf weißen Porzellantellern mit sicherem Deckelverschluss. Später werden sie noch transport- und wärmeisolierend in flache Kunststoffbehälter gepackt, die fliegenden Untertassen ähneln und daher liebevoll als „UFO-Boxen“ bezeichnet werden.

 

Essen auf Rädern

Anwesend ist auch das komplette Auslieferungsteam. Alle helfen mit, wenn die Gerichte über das Fließband zu den einzelnen Autos angerollt kommen. Jedes Fahrzeug wird im Schnitt mit 40 Mahlzeiten beladen. Dann beginnt sogleich die Tour, der Parkplatz wird frei, und schon kann das nächste Auto vorfahren. Echte Handarbeit im eingespielten Takt, sodass für jedes Auto keine 10 Minuten benötigt werden. „Hier läuft alles wie in einem Schweizer Uhrwerk“, berichtet Manfred Niegemann während er sein Fahrzeug befüllt, „das fängt schon bei unserer Zentrale an, die alle Speisewünsche disponiert und die Tourenplanung perfekt koordiniert, damit auch jeder das bekommt, was er aus dem umfangreichen Menüplan bestellt hat.“

Manfred Niegemann ist 72 Jahre alt und seit fünf Jahren dabei. Der Ausdruck „rüstiger Rentner“ ist eher untertrieben – stets ist er mit Elan und guter Laune im Einsatz. „Der Job ist zwar kein Spaziergang, dafür trifft man jeden Tag auf Menschen, die uns und ihr Essen freudig erwarten. Für manche ist es sogar das Tages-Highlight. Und wir kennen unsere ‚Pappenheimer‘“, schmunzelt er. „Da werden rasch die Tagesneuigkeiten ausgetauscht, ein Witzchen erzählt oder auch über das eine oder andere Wehwehchen geklagt.“ Dabei wächst das gegenseitige Vertrauen – für manche Häuser oder Wohnungen erhält der Fahrdienst sogar Haustürschlüssel, um das Essen im heimischen Umfeld einfach nur abzustellen; dann steht im Tourenplan der Hinweis „Essen bitte auf der Nähmaschine abstellen“ oder bei anderen „Dreimal klingeln“.

Um alle Gerichte pünktlich am Vormittag auszuliefern, sind Pausen nicht möglich: „Das ist schon eine Art Biathlon – jede Tour bedeutet ungefähr 55 Kilometer durch den Stadtverkehr, dazu kommen rund 5 Kilometer Fußstrecke und summiert 23 Stockwerke, die zu bewältigen sind“, bekennt Manfred Niegemann, der schon im Berufsleben als Logistikmanager und Rennstallleiter eine hohe Taktung gewohnt war. Auf dem Weg nach Hüls wird auch im Hülser Bruch und am Hülser Berg ausgeliefert. „Wir liefern natürlich auch Essen an diejenigen Menschen, die nicht im unmittelbaren Stadtgebiet leben. Keiner muss auf sein Mittagessen verzichten.“

Kurz nach 12 Uhr ist das letzte Menü ausgeliefert – zufrieden beenden Manfred Niegemann und das restliche Auslieferungsteam die Tour. „Schluss ist aber noch nicht. Ein Transporter muss zur Inspektion in die Werkstatt. Langeweile kommt da so schnell nicht auf“, erzählt er augenzwinkernd, „immerhin unterhält der Krefelder Verein für Haus- und Krankenpflege mitsamt dem Pflegedienst einen Fuhrpark von insgesamt über 24 Autos. Und heute Abend freue ich mich auf mein Tennismatch.“  Bei so viel positiver Energie kann es keinen Stillstand geben. Davon profitieren alle wieder am nächsten Tag…

 

Der Krefelder Verein für Haus- & Krankenpflege e.V. wurde 1958 als erster privater Verein in NRW zur Unterstützung von alten, kranken und hilfsbedürftigen Krefelder Bürgern gegründet. Er dient ausschließlich gemeinnützigen und mildtätigen Wohlfahrtszwecken. 1961 war der Verein die erste Organisation, die „Essen auf Rädern“ in Deutschland eingeführt hat und seitdem erfolgreich betreibt. 2018 erweiterte der Verein sein Leistungsspektrum: Zusätzlich zum ambulanten Pflegedienst bietet er im historischen Schütenhof im Krefelder Stadtteil Bockum wochentags und samstags eine Tagespflege mit individueller Betreuung an. Weitere Infos: www.krefelder-pflegedienst.de

Peter Lengwenings

Über den/die Autor/in: Peter Lengwenings

Einen Kommentar hinterlassen

Dazugehörige Tags

Tags: , 0 Kommentare on Essen auf Rädern: Humanitärer Biathlon mit HerzVeröffentlicht am: 20. Dezember 2021Zuletzt bearbeitet: 16. Februar 2023622 WörterGesamte Aufrufe: 504Tägliche Aufrufe: 13,2 Minuten Lesezeit

Ähnliche Beiträge

Unsere aktuelle Ausgabe online lesen

Du möchtest das kredo-Magazin lesen, aber es muss nicht die Print-Version sein? Hier kannst Du Dir die neueste Ausgabe als PDF im Ganzen ansehen und kostenfrei herunterladen.

Teile diese Story

Wir kennen KrefeldWir glauben an KrefeldUNSER KREDO – KREFELD AUS ÜBERZEUGUNG

Peter Lengwenings

Titel

Nach oben