Kristina Mohr und Jessica Wolf, Inhaberinnen der FETTEN BEETE, erklären, warum Sojaschnitzel Schnitzel und Mandelmilch Milch heißen darf.

Wir reden leidenschaftlich gerne über Essen – über den Effekt von Schokolade im Chili, über den einmaligen Geschmack von im Ofen geschmorter Roter Beete oder über die Röstaromen einer fantastischen Bratensoße. Wir sind Köchinnen aus Leidenschaft. Wir sind  Krefelder Gastgeberinnen. Lasst uns also über die Liebe zu guten Zutaten, zum Kochen und schönsten Genuss-Erlebnissen sprechen. Im selben Atemzug sprechen wir aber auch über nichts weniger als die Zukunft unseres Planeten. Wir sprechen über Tierqualen, Hafermilch und Bärchenwurst. Wir sprechen über Ausbeutung und Alternativen. Denn wir leben vegan.

Vegan – das ist für uns kein Trend, keine Mode, sondern schlicht und ergreifend die einfachste Methode, die Erde für unsere Kinder und Enkelkinder zu retten. Es ist die einfachste Methode, weder Mensch noch Tier leiden und sterben zu lassen. Lasst uns also unbedingt auch über Menschenrechte, Gleichberechtigung, Diversität, Diskriminierung, Gendersternchen und Nazis sprechen. Denn wir haben diese Vorstellung einer gerechteren Welt für alle Lebewesen.

 

Auf den Geschmack kommt es an.
Als Veganerinnen verzichten wir auf Milch, Käse, Fleisch, Butter, Eier und alle anderen Produkte tierischen Ursprungs. Niemals würden wir allerdings Omas Rouladen, Gulasch, Cheeseburger oder Mousse au Chocolat von unserem Speiseplan streichen. Denn all diese Lieblingsgerichte kochen sich ganz wunderbar rein pflanzlich.

Doch egal, ob im Freund:innenkreis oder in unserem Restaurant –  immer wieder werden wir gefragt: „Warum nennt ihr vegane Alternativen genauso wie die klassischen Gerichte mit Fleisch und Co.?“ Geräucherte Tofuwürfel seien ja nun mal nicht Speck,  Frikadellen aus Soja eben nicht aus gemischtem Hack, und die Wurst auf unserem Brot sei im Zweifelsfall eher eine dubiose Mischung aus künstlichen Zutaten. Ganz einfach: Weil es identisch oder mindestens fast genauso schmeckt!

Wir halten es sogar für immens wichtig, dass wir unsere veganen Gerichte so nennen, wie wir sie auch kennen. Denn wir verbinden mit Namen wie „Königsberger Klopse“ oder „Spaghetti Carbonara“ sofort ein ganzes Gericht, einen bestimmten Geschmack, Emotionen und Erinnerungen. Es macht einen riesigen Unterschied, ob ich „klassisch gefüllte Rouladen“ serviere oder „gerollte Sojaplatten“. Was erzeugt mehr Bilder im Kopf? Worauf bekommt ihr Appetit, und was wollt ihr essen?

Wir möchten gar nicht auf den Geschmack und die Tradition unserer gesamten kulinarischen Vergangenheit verzichten. Im Gegenteil. Worauf wir verzichten wollen, sind Tierleid und Ausbeutung ökologischer Ressourcen. Also „bauen“ wir bekannte Gerichte absichtlich nach – und benennen sie auch so.

Kokosmilch von der Kokoskuh
Die Frage nach dem korrekten Namen für vegane Produkte und Gerichte hat sogar eine unfreiwillig komische Dimension. Viel diskutiert wird aktuell – sogar auf EU-Ebene – ob veganer Käse, vegane Wurst oder pflanzliche Milch denn auch wirklich Käsealternative, vegane Wurst oder Pflanzenmilch heißen dürfen.  Beispielsweise würden Verbraucher:innen bei dem Wort „Milch“ ausschließlich ein Produkt aus Eutersekret erwarten, und alles andere würde zu Verwirrung führen. Seitdem fragen wir uns, wo die Kokosnuss ihr Euter hat, damit sie Kokosmilch geben kann. Ähnlich verhält es sich mit Scheuer- oder Sonnenmilch – kein Kuh-Euter weit und breit, aber trotzdem erlaubt. Und niemand würde auf die Idee kommen, Sonnenmilch zu trinken, oder?

Es gibt zahlreiche Beispiele für Produkte oder Gerichte, die etwas anderes enthalten, als der Name verspricht – zum Glück: Denn wollen wir wirklich BÄRchenwurst,  KINDERriegel, ZimtSCHNECKEN oder FruchtZWERGE essen und ein herzhaftes HOLZFÄLLERsteak oder ein KATERfrühstück bestellen? Jeder Person ist sicher völlig klar, dass niemand Bären zu Fleischwurst verarbeitet oder einen gegrillten Katerschenkel nach einer durchzechten Nacht als Frühstück serviert.
Also: Lasst uns einfach ganz entspannt „Hafermilch“, „Käse“ und „ Tofuspeck“ auf Verpackungen schreiben und Gulasch mit Sojawürfeln kochen – denn am Ende geht es um den Geschmack!

 

Eure FETTEN BEETEN
Kristina und Jessi

 

Kristina Mohr und Jessica Wolf sind Inhaberinnen der FETTEN BEETE an der Dießemer Straße. Die FETTE BEETE ist veganes Restaurant, Kochschule, Event-Location und Cateringunternehmen mit einem der schönsten Biergärten der Stadt. Für ihr Konzept wurden sie 2021 mit dem deutschen Gastro-Gründerpreis ausgezeichnet. Während des Corona-Lockdowns sind sie im Take Away- und Liefermodus.
www.diefettebeete.de

Über den/die Autor/in: Esther Jansen

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Tags: , , , , , 0 Kommentare on Die FETTEN BEETEN: Call it Schnitzel!Veröffentlicht am: 18. Mai 2021Zuletzt bearbeitet: 16. Februar 2023680 WörterGesamte Aufrufe: 381Tägliche Aufrufe: 23,5 Minuten Lesezeit

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