Rund 450 engagierte KFC-Fans wollen mit ihrer Initiative „Grotenburg-Supporters“ den Ruf ihres Vereins verbessern und dem Krefelder Profifußball wieder ein eigenes Wohnzimmer geben.

Für viele Menschen ist Freitagmittag das ersehnte Wochenende schon greifbar nah. Nicht so in der Grotenburg. Hinter den Kulissen schuften dort Helfer*innen – ehrenamtlich. Der Baulärm ist in vielen Bereichen der ehrwürdigen und geschichtsträchtigen Fußballarena an der Violstraße unüberhörbar. Wo früher bei Heimspielen die traditionellen Vereinsfarben Blau und Rot erstrahlten, dominieren auf der Baustelle orange Leuchtwesten, gepaart mit Sicherheitsschuhen und Schutzhelmen. Die Signale des Aufbruchs dringen weit über die Stadtgrenzen hinaus. Sport-Medien aus Italien, Island und sogar Brasilien berichten anerkennend über die Initiative der „Grotenburg-Supporters“. Positive Nachrichten, die der KFC Uerdingen und seine strapazierten Anhänger dringend benötigen. Negative Schlagzeilen gab es schon genug – oftmals hervorgerufen von außerhalb des Spielfeldes. Was jetzt zählt und spürbar gelebt wird, ist bürgerschaftliches Engagement in Bestform: mit den konkreten Zielen, den Ruf zu verbessern, der Stadt Krefeld Geld einzusparen und dem Krefelder Profifußball so schnell wie möglich wieder ein eigenes „Wohnzimmer“ zu geben.

Rund 450 engagierte KFC-Fans wollen mit ihrer Initiative „Grotenburg-Supporters“ den Ruf ihres Vereins verbessern und dem Krefelder Profifußball wieder ein eigenes Wohnzimmer geben.

Anstoß und Spielregeln für ein einzigartiges Fan-Projekt

Wir sind verabredet mit Sebastian, Rolf und Marius vom Kern-Team der „Grotenburg-Supporters“. Gern bleiben alle beim Vornamen, da keiner herausstechen will – ganz im Sinne des Teamgeistes. Jeder Einzelne zählt hier. Sie berichten über die rasante Entwicklung, den enormen Zuspruch und über optimistische Zukunftspläne. Wie so oft steht am Anfang eine scheinbar „spinnerte Idee“, die Marius, der im Hauptberuf Bauleiter bei einer Duisburger Firma ist, gemeinsam mit seinem Kumpel vom Fan-Forum Anfang des Jahres hatte: „Wir wollten dem KFC helfen und alles beschleunigen. Da wir nicht blauäugig einfach was vorantreiben wollten, haben wir zunächst auch rechtliche Rahmenbedingungen recherchiert. Die Stadt war sehr aufgeschlossen und hat uns kooperativ und zügig in weitere Planungsschritte einbezogen. Das machte schnell die Runde, und so waren es im März bereits über 100 Personen, die ihr Mitwirken zugesagt haben.“ Offizieller Start war am 18. Juni 2021 mit stattlichen 450 Hilfskräften. Das Thema Sicherheit hat bei den anstehenden Bauarbeiten eine herausragende Bedeutung, bekräftigt Sebastian, Bau-Ingenieur an den Bildungszentren des Baugewerbes, kurz BZB: „Über 200 der Helfer kommen aus baunahen Berufen. Und dennoch erhalten alle eine persönliche Sicherheitseinweisung. Keiner bedient Gerätschaften oder verrichtet Arbeiten, die ihn überfordern. Immer steht jemand zur Seite, der einweist oder unterstützt. Die Aufgaben sind von der städtischen Bauleitung konkret vorgegeben. Vereinfacht gesagt, geht es um den Rückbau bzw. Abbau bestimmter Bereiche. Immerhin ersparen wir in dieser Phase einen hohen sechsstelligen Betrag. Einen Wiederaufbau dürfen wir rechtlich wegen der Gewährleistung nicht erbringen.“

Teamgeist – ansteckend und motivierend

Mit einem Schmunzeln im Gesicht berichtet uns Rolf, der seit über 40 Jahren im Chempark Krefeld-Uerdingen tätig ist, vom ersten „Gesellenstück“, das eher zur Meisterklasse avancierte und die städtische Bauleiterin sehr beeindruckte: „Wir sollten anfangs rundum die komplette metallische Zaunanlage demontieren – dafür waren drei Wochen veranschlagt. Bereits nach dem ersten Wochenende waren wir so gut wie fertig damit. Bis hin zur ordentlichen Entsorgung. Und so traute man uns schnell weitere Aktivitäten zu: den Rückbau der sogenannten Staketen, im Volksmund auch ‚Wellenbrecher‘ genannt bis hin zu Vorarbeiten für künftige Betoninstandsetzungen“, berichtet er zufrieden.

Die Kommune stellt das benötigte Werkzeug, Materialien, den Mietbagger sowie einen Radlader. Alles andere organisiert das Team eigenständig. „Die Hilfsbereitsschaft ist einmalig“, freut sich Marius und fügt hinzu: „Sogar aus Biberach hinter Stuttgart reiste eigens ein Trupp Freiwilliger an, um am Wochenende zu helfen. Spontan melden sich Krefelder Firmen, die uns Materialien zur Verfügung stellen oder tonnenweise Schuttberge abtransportieren und entsorgen. Fanclubs backen Kuchen und grillen vor Ort. Sogar ein Foodtruck fährt direkt vor, frisch belegte Brötchen werden von der Bäckerei Lomme geliefert. Und neuerdings können wir zum Feierabend mit einem eigenen Grotenburg-Supporters-Bierchen anstoßen, das die Brauerei Königshof eigens mit dem Logo der Initiative braut und abfüllt. Ein Teil der Erlöse fließt wiederum in unser Projekt.“

Aufstiegschancen für Zukunftsprojekte

Während unseres Rundgangs betreten wir den ehemaligen VIP-Raum. Hier treffen sich die freiwilligen Handwerker, um sich in dem umfunktionierten Besprechungs- und Pausenraum was zu Trinken oder zu Essen oder frische Handschuhe zu holen und vor den Bauskizzen miteinander zu fachsimpeln. Quasi so, wie man sich einen klassischen Baucontainer vorstellt. Die Atmosphäre ist emsig, aber nicht hektisch, und überall herrscht ein freundlicher Umgangston. Wie schafft man es, dass dieser betriebssame Ameisenhaufen reibungslos funktioniert?

Ingenieur Sebastian beschreibt die zum Teil abendfüllenden digitalen Videokonferenzen und ergänzt: „Letztendlich geht alles sehr pragmatisch über offene Terminkalender im Internet. Wir haben freitags und samstags je zwei Schichten à 20 Personen, die maximal sechs Stunden im Einsatz sind. Mehr dürfen und können wir auch nicht einsetzen.“

Im Bereich der alten Umkleide- und Duschräume versteckt sich ein besonderer Schatz: Überall wurden die alten Böden entfernt, nur das KFC-Vereinswappen wurde liebevoll ausgestanzt und soll so erhalten bleiben. „Den kompletten Sanitärbereich würden wir gern zeitgemäß modernisieren und unseren Jungs dann eine Sauna installieren, wo sie sich nach dem Spiel regenerieren können“, erklärt Rolf. An Aufgaben und Zukunftsplänen wird es nicht scheitern: Alle möchten weiter mitgestalten. So steht die Sanierung der Katakomben auf der Wunsch-Agenda, ferner das vorgelagerte Trainingsgelände sowie das „Gelbe Haus“, wo vor vielen Jahren noch der Hausmeister wohnte: ideal als neue Heimatadresse für die KFC-Geschäftsstelle. Damit wäre ein wichtiges Fundament für ein seit Jahren verfolgtes Fanprojekt gesetzt, um eine effiziente und professionelle Jugendarbeit forcieren zu können.

Rund 450 engagierte KFC-Fans wollen mit ihrer Initiative „Grotenburg-Supporters“ den Ruf ihres Vereins verbessern und dem Krefelder Profifußball wieder ein eigenes Wohnzimmer geben.

Bei den „Grotenburg-Supporters“ ist man sich einig: Wenn alle weiter so am gleichen Strang ziehen, parallel die Vereinsstrukturen solide weiterentwickelt werden und der Spielerkader endlich zusammengefunden hat, wächst auch wieder das Vertrauen im Umfeld. Bei enttäuschten Fans, bei Sponsoren und in der Stadtgemeinschaft. Ein weiteres positives Aushängeschild stünde Krefeld gut zu Gesicht. Auf dass die Burg ihrem Namen wieder alle Ehre mache!

Mehr Infos unter: www.grotenburg-supporters.de

Über den/die Autor/in: Peter Lengwenings

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Tags: , , 0 Kommentare on Die Burg ruft… und 450 KFC-Fans antwortenVeröffentlicht am: 15. August 2021Zuletzt bearbeitet: 16. Februar 2023984 WörterGesamte Aufrufe: 382Tägliche Aufrufe: 15,2 Minuten Lesezeit

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