Lena Watzlawik brennt für Kultur in all ihren Facetten und hat die Vision, diese in ihrer neuen Wirkungsstätte allen Menschen zugänglich zu machen: Denn seit Oktober 2022 zeichnet sie als Büroleitung und Programmplanerin in enger Absprache mit dem betreibenden Verein für die Zukunftsfähigkeit der Kulturfabrik verantwortlich. Dass dabei Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Awareness und Nachhaltigkeit eine ebenso große Rolle spielen wie die Ansprache neuer Zielgruppen und Raumvermietungen, rundet das Bild der KuFa zu ihrem 40. Geburtstag ab.

Christine Lauter

Wenn Lena aus ihrem Büro auf den großen Platz an der Dießemer Straße schaut, auf dem sich abendlich Schlangen aus Kulturhungrigen bilden, die auf Einlass in eine der hier beheimateten Locations warten, dann blickt sie auch ein Stück weit in ihre eigene Geschichte. Schon früh war ihr klar, dass sie ein aktiver Teil der KulturSzene sein will, der sie als Mitgründerin der Event-Agentur BEATSMART auch wurde. Doch 2020 änderte sich das Leben radikal, und das ging nicht spurlos an Lena vorbei. Muss sie etwa loslassen, was ihr gelebter Traum war? Wie würde die sechzehnjährige Lena das Wirkungsfeld ihres heutigen Ichs kommentieren?

 

Lena Watzlawik

Zwischen Hoch-, Leit-, Subkultur macht Lena keinen Unterschied. Kultur ist, was die Gesellschaft bewegt, und daher findet sie in ihren verschiedenen Ausformungen gleichberechtigt unter dem Dach der Kulturfabrik statt.

„Alles richtig gemacht!“, lacht die groß gewachsene, fröhliche Krefelderin und hebt dazu an, dieses Fazit näher zu erläutern: „Als es schlichtweg nicht mehr möglich war, meinen Job auszuüben, nutzte ich das als Chance, umzudenken und kreativ mit meiner Situation umzugehen. Ich hatte plötzlich den Raum, Gedanken zuzulassen, mich mit Themen auseinanderzusetzen, die mir wichtig waren. Und  auch soziale oder nicht kommerzielle Projekte zu starten, für die ich vorher keine Zeit hatte.“

So entschloss sich die studierte Kulturwirtin, sich neben ihrem ehrenamtlichen Engagement beim freischwimmer e.V. als Changemanagerin und Systemische Supervisorin fortzubilden. Und mitten in diesen persönlichen Entwicklungsprozess schlich sich über den Weg der sozialen Medien unerwartet eine Stellenanzeige auf den Radar der bis dahin freischaffend Tätigen: Neue Büroleitung und Programmgestalter:in für die Kulturfabrik Krefeld gesucht! „Das hat sofort etwas in mir ausgelöst, und ich konnte gar nicht anders, als meine Bewerbung in den Ring zu werfen“, erzählt sie.

 

Wer nicht wagt…

Die Selbstständigkeit aufgeben mit all den damit einhergehenden Freiheiten? Diese Frage beantwortet Lena mit einem leicht ambivalenten Ja: „Ohne den Wunsch nach Sicherheit und die Erfahrungen, die ich während der Pandemie gesammelt habe, wäre ich niemals auf die Idee gekommen, einen solchen Schritt zu gehen. Aber mir war immer schon wichtig, dass die Projekte und Konzepte, an denen ich beteiligt bin, an Orten stattfinden, in denen es keine Hemmschwellen gibt und gute Dinge entstehen – und in der KuFa habe ich vom ersten Lesen der Ausschreibung an das Potenzial gesehen, ein solcher Ort zu sein.“ Motiviert entwarf sie ein Konzept, das alle Impulse, die sie begleiten, beinhaltete. Mutig, ihren Arbeitsalltag rigoros umzukrempeln, reichte sie es ein und überzeugte damit den Vorstand. Seit Oktober 2022 hat Lena die Büroleitung der Kulturfabrik inne und ist nun auch für die Programmgestaltung mitverantwortlich.

 

Netzwerken in alle Richtungen

Bescheiden verweist die in der Südstadt Aufgewachsene auf die Verwaltungsstrukturen ihrer Wirkungsstätte, die als Verein organisiert ist und in der die Entscheidungshoheit in verschiedenen Ausschüssen liegt. „Mein Auftrag ist zwar, einerseits Projekte zu entwickeln, die das Gebäude mit Leben füllen und ihm noch mehr Seele geben. Andererseits kuratiere ich Veranstaltungen, die in den Vermietungsbereich fallen. Denn nur die Einnahmen aus einem attraktiven Abendgeschäft ermöglichen Innovationen, die zu mehr sozialer Teilhabe des Kulturvereins führen. Aber alles benötigt dessen Zustimmung“, erklärt sie.

Dass sie bislang nur positives Feedback erfahren hat, erklärt sich angesichts der Ziele, die sie sich auf die Fahne geschrieben hat, nahezu von selbst: „Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind in jeder Hinsicht eine Zielgruppe, die in den Fokus genommen werden muss – denn aus dieser neuen Generation kann neues Engagement entstehen“, betont Lena und ergänzt enthusiastisch: „Wenn ich in dem entsprechenden Alter gewusst hätte, dass man ab 18 Jahren ohne eine Beitragszahlung Vereinsmitglied in der Kulturfabrik werden und tatsächlich mitsprechen, mitgestalten, mit anpacken kann… ich wäre sofort dabei gewesen!“ Vor diesem Hintergrund sucht sie intensiven Kontakt zu den Krefelder Schulen, der Hochschule Niederrhein und dem Jugendbeirat, fragt nach Interessen, Bedürfnissen und freut sich nicht nur über jeden konstruktiven Austausch, sondern auch, wenn dieser in erfolgreichen Pilotprojekten mündet.

 

Die KuFa neu denken

Ein solches fand im März dieses Jahres statt und fand so regen Anklang, dass Nachfolgeveranstaltungen bereits auf Lenas Schreibtisch darauf warten, realisiert werden zu können: „Ich möchte, dass sich die verschiedenen soziokulturellen Disziplinen begegnen, dass sie hier ein Zuhause finden. Deswegen habe ich die interaktive Reihe ,KR…Con‘ initiiert, deren Auftakt die Sportmesse ,KR Sports Con‘ in Kooperation mit dem Stadtsportbund, der Initiative Krefeld für Kinder und dem Jugendbeirat der Stadt unglaublichen Zuspruch fand“, sagt Lena, die das Gelände anders denken und ihm auch tagsüber ein Gesicht geben möchte. Barrierefreiheit und Teilhabe für alle, eine Bühne und Austausch für Akteur:innen aus allen Sparten zu schaffen, ist ihr Anliegen: „Ich möchte Kultur für alle Menschen! Sports Con, Pop Con, Rap Con – das sind nur erste Ideen für das neue KuFa-Format, das sich jetzt etablieren muss und wachsen darf.“

 

 

Lena Watzlawik

Wenn Lena über die Zukunftspläne für die Kulturfabrik spricht, beginnen ihre Augen förmlich zu strahlen. Ein ganzes Bündel an Themen, die ihr wichtig sind und deren gesellschaftliche Relevanz enorm ist, lässt sie in ihre Projektvorschläge einfließen und sie schätzt sich glücklich, beim Vereinsvorstand damit so großen Zuspruch und Rückhalt zu finden.

Kultur für alle

Überhaupt solle sich die Gesellschaft in ihrer Diversität breiter im Angebot der Kulturfabrik niederschlagen, denn diese sei ein weltoffener Ort, der seine Ziele nun auch in einem Leitbild zusammengefasst habe, erklärt Lena. Wie dies umgesetzt werden könne? „Wo soll ich anfangen?“, lacht sie herzhaft. „Ich bin eine große Anhängerin der Keychange-Initiative, die für Geschlechtergerechtigkeit in der Musikindustrie kämpft, und eins meiner Ziele ist es, langfristig ein 50:50-Verhältnis von Männern und FLINTA*-Personen auf unserer Programmbühne zu sehen.“

Auch, wenn die Partys in den alten Fabrikhallen nicht in Lenas Verantwortungsbereich fallen, sind ihr die Problematiken, die im Nachtleben aufkommen, aufgrund ihrer freischaffenden Tätigkeiten mit BEATSMART vertraut. „Mehr Respekt im Club, das ist sehr, sehr wichtig! Wenn man feiern geht, dann soll das in einem Safe Space stattfinden, in dem man sich keine Sorgen um Sexismus, Rassismus, Homophobie machen muss. Daher arbeiten wir aktuell an einem Awareness-Konzept, das mit einem Pilot nach der Sommerpause eingeführt werden soll.“ Nachhaltigkeit und Klimaschutz stehen ebenfalls auf der Agenda, weswegen die Kulturfabrik seit diesem Jahr Teil der Initiative „Zukunft feiern“ ist, sich am Runden Tisch des Verbands Klubkomm in Köln beteiligt und den dazugehörigen Code of Conduct im April auf dem c/o pop-Festival unterzeichnet hat.

 

Bereit für das Morgen

Ist denn Krefeld nach 40 Jahren KuFa bereit, die umfangreiche Neuausrichtung mitzugehen? „Ich spüre eine extrem gute Energie in der Stadt! Vor allem die kreative Welle der jungen und ambitionierten Krefelder:innen aus unterschiedlichen Bereichen ist so spannend zu beobachten. Ich bin sehr beeindruckt, was gerade alles passiert und hoffe, dass diese rohe Energie beibehalten wird und daraus ein großes Miteinander entsteht“, beschreibt Lena anerkennend, denn dies sei etwas, was sie lange in ihrer Homebase vermisst und in anderen Lebensräumen gesucht habe. Was sie dort gefunden, was sie verändert und geformt hat, bringt sie nun zurück und macht uns neugierig auf ihren Beitrag zu einer zukunftsfähigen Kulturlandschaft, die Menschen aller Generationen auch über die Stadtgrenzen hinaus anspricht.

 

 

Kulturfabrik Krefeld e.V.

Lena Watzlawik (she/her), Leitung KuFa Büro
Dießemer Straße 13
47799 Krefeld
www.kulturfabrik-krefeld.de
lena.watzlawik@kulturfabrik-krefeld.de

 

Christine Lauter

Über den/die Autor/in: Christine Lauter

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Tags: , , , , , 0 Kommentare on Lena Watzlawik: Die Kultur-VisionärinVeröffentlicht am: 24. Mai 2023Zuletzt bearbeitet: 5. September 20231269 WörterGesamte Aufrufe: 928Tägliche Aufrufe: 46,5 Minuten Lesezeit

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