Vor der Trauerhalle eines Krefelder Friedhofs steht ein auffälliger 300-PS-Rennwagen – bunt lackiert, tiefergelegt, glänzende Felgen. Früher war er der ganze Stolz seines Besitzers, eines leidenschaftlichen Autotuners. An diesem Tag ist er sein Bestattungswagen und das einzige Fahrzeug des großen Trauerkonvois, das bis vor die Trauerhalle gefahren werden darf. Die Auto- und Motorradkolonne von Bekannten und Freunden gibt am Friedhofseingang dreimal Leergas – das donnernde Motorenheulen dröhnt, Salutschüssen gleich, gen Himmel. So begann vor wenigen Monaten eine einzigartige Verabschiedung für eine einzigartige Persönlichkeit – ermöglicht durch einen engagierten Bestatter mit unkonventioneller Berufsethik.
Das Sterben auf der einen und das Abschiednehmen auf der anderen Seite gehören zum Leben jedes Menschen dazu. Und beides ist eine höchst persönliche Sache. Die Bestattung eines geliebten Menschen sollte diesem gerecht werden. Immer wieder stellt sich den Hinterbliebenen die Frage, was er oder sie sich gewünscht hätte – diese oder jene Blume, eine besondere Sargbeigabe, einen Platz auf dem Friedhof, auf dem auch schon der Rest der Familie begraben liegt? Meist bleibt diese Suche nach dem Individuellen im Rahmen einer „klassischen“ Beerdigung beschränkt. Doch wer Abschied nehmen möchte, hat weit mehr Optionen als allgemein bekannt. Denn so wie sich unsere Gesellschaft mehr und mehr verändert, tut es auch die Bestattungskultur. Mirko Stauch, Geschäftsführer des Bestattungsunternehmens MAES in Krefeld-Linn, geht mit der Zeit und schlägt dabei auch ungewöhnliche Pfade ein.
Ein offener Gesprächsraum
Wer den beschaulichen Stadtteil mit seinen bunten alten Häuserzeilen kennt, der kennt auch das grau verschieferte Gebäude mit dem kleinen, urnenbestückten Fenster an der Rheinbabenstraße. Hier hat das Bestattungsunternehmen MAES seit beinahe 100 Jahren seinen Sitz. Doch es hat sich einiges verändert, seit Mirko Stauch es im Jahr 2015 von der langjährigen Geschäftsführerin Petra Bleier übernommen hat – zunächst das Selbstverständnis des Unternehmens und unlängst auch das Gebäude. Die dunkle Schieferverkleidung ist verschwunden. Der Geschäftsführer hat sie abtragen und das gesamte Interieur des Bestattungsunternehmens austauschen lassen.
Jetzt empfängt den Besucher eine freundlich-beige Fassade. Durch das freigelegte große Bogenfenster fällt der Blick, vorbei an dekorativen Ginkgo-Blättern, direkt in den Empfangsraum des Bestatters, der die Atmosphäre einer kleinen, modernen Wohnung versprüht. „Man kennt Bestattungsinstitute mit Gardinen vor den Fenstern, dunkel und abgeschirmt. Wozu? Wir legen viel Wert darauf, Offenheit in allen Bereichen darzustellen. Mir ist es wichtig, dass die Leute mich hier sehen – weil sie mich kennen“, erklärt der Linner, der unter anderem drei Theatergruppen leitet und im Schützenverein aktiv ist. Es sei wichtig, das Thema Tod und Abschied zu enttabuisieren – und dazu gehöre eben Transparenz.
Mit einer modernen Möblierung ist es da aber noch nicht getan. Im persönlichen Gespräch mit den Hinterbliebenen führt Stauch das Prinzip Offenheit fort. Jede Frage darf gestellt, jeder Wunsch geäußert werden. „Die Gesellschaft hat sich ins Individuelle hineinentwickelt. Den Beruf des Bestatters zu verändern, bedeutet auch, sich dem Zeitgeist anzupassen, ohne sich ihm zu versklaven. Ich persönlich bin ein großer Freund der klassischen Bestattungs- und Friedhofskultur. Aber das passt nicht zu jedem. Je individueller, umso lieber ist mir das“, erklärt der 48-Jährige.
Für ihn bedeutet das: Informieren, Zuhören, Lösungen finden – sei es in finanzieller oder in gestalterischer Hinsicht. Bei der Trauerfeier müssen Blumengesteck und Porträtfoto nicht die einzigen Gestaltungselemente bleiben – stattdessen können auch wichtige Artefakte aus dem Leben des oder der Verstorbenen genutzt werden, um das Gedenken zu individualisieren. Wer dem verstorbenen Menschen eine besondere Zuwendung schenken möchte, erhält bei MAES die Möglichkeit, die Waschung und Einkleidung des verstorbenen Menschen, genannt Ehrendienst, zu begleiten oder unter Anleitung selbst vorzunehmen.
Und auch die Beisetzung selbst bietet viele Variablen. Die Grenzen des Möglichen decken sich mit den Grenzen des Gesetzes. Und wer wie Mirko Stauch viel Kreativität und Fantasie mitbringt, weiß innerhalb dieser Grenzen viel zu ermöglichen.
Inspirationsquelle Literatur
Als gelernter Buchhändler, Philologe und Theatermacher verfügt Stauch über einen großen kulturhistorischen Wissensschatz, der sich in einer auffälligen Büchersammlung direkt neben seinem Schreibtisch widerspiegelt. Gerade in der Literatur sind die verschiedensten Denkweisen von Leben und Tod allgegenwärtig. Recherche ist Stauchs Steckenpferd, verrät er, das Eintauchen in neue Kulturen fasziniere ihn. „Ich lerne ständig“, sagt er. „Das gehört für mich zum Beruf dazu.“
Einmal hat Mirko Stauch eigens nordische Trauerriten und Runen studiert, um eine Verstorbene germanischen Glaubens angemessen beisetzen zu können. Ihre Kinder und Angehörigen erschienen im zeitgenössischen Gewand statt in schwarzer Kleidung, gesungen wurde ein altes isländisches Lied über die Beziehung zwischen Kind und Mutter – denn das hätte ihr gefallen.
MAES Bestattungen GmbH
Rheinbabenstraße 105, 47809 Krefeld
Telefon: 02151-570591
www.bestattungen-maes.de
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