Jährlich lässt die Tauchabteilung des Segel-Surf-Club Kempen (SSCK) Tannenbäume ins Wasser, um so ein eigenes Riff am Königshütte-See herzustellen.

Wie Weihnachtsbäume zum Unterwasser-Wunderland werden

 

Baum liegt neben Baum. Immer zwischen drei und sechs Stück sind an Seilen miteinander verbunden. Insgesamt sind es circa 140 Stück, über verschiedene Stellen am See verteilt. Auf einem Steg einige Meter entfernt stehen zwei Männer und geben ein Handzeichen, woraufhin die „Tannenbaum-Pakete“ am Ufer langsam ins Wasser gestoßen werden. Baum für Baum verschwindet in der Tiefe des Königshütte-Sees.

Es ist kalt an diesem Samstagmorgen Ende Januar. Knapp über 0 Grad zeigt das Thermometer an, und beim Ausatmen bilden sich Wölkchen in der klaren Luft. Für Uwe Schaub und Jürgen Poßberg, beide Abteilungsleiter der Abteilung Tauchen beim Segel-Surf-Club Kempen (SSCK), und mehrere Vereinsmitglieder die perfekte Ausgangslage, um die gesammelten Tannenbäume im See zu versenken: „Wir hatten eigentlich schon einen Termin vor zwei Wochen, da war das Wetter aber so unbeständig, dass wir ihn verlegen mussten“, erklärt Uwe Schaub zur Begrüßung.

Heute meint der Wettergott es besser mit ihnen. Die Männer der Tauchabteilung sind schon länger auf den Beinen und haben alles vorbereitet, um die Bäume in den acht Hektar großen See zu ziehen. Die Idee ist vor circa zehn Jahren entstanden, wie sich Robert Meißen, ehemaliger Vorsitzender des Vereins und Schulungsleiter, erinnert: „Wir vom SSCK sind Besitzer der Wasserfläche, und daher ist es auch unsere Pflicht, die vorhandene Wasserqualität beizubehalten. Anfangs haben wir dafür Totholz ins Wasser gegeben, irgendwann entstand dann aber die Idee mit den Tannenbäumen.“ Ein guter Einfall – denn an den Bäumen legen nicht nur Fische ihren Laich ab, sondern auch Süßwasserkrebse tummeln sich dort eifrig. Der Nutzen der Aktion wurden unlängst auch von Biologen und der Unteren Fischereibehörde, die die Wasserqualität regelmäßig überprüft, bestätigt. Und für die Taucher des Vereins entsteht durch die Tannenbäume eine außergewöhnliche Unterwasserwelt, die ihresgleichen sucht: „Der See ist nicht nur in unserer Taucherabteilung, sondern auch bei Gasttauchern sehr beliebt“, erklärt Jürgen Poßberg. Kein Wunder, so klar, wie das Wasser am Ufer im Licht der Sonne glitzert.

SSCK Kempen

Jürgen Poßberg (links) und Uwe Schaub sind Abteilungsleiter der Tauch-Abteilung.

Circa 115 Mitglieder umfasst die Taucherabteilung des SSCK, davon gehören ungefähr 50 zum harten Kern: „Hier triffst du jeden Tag jemanden an. Die Taucher kennen keine Saison. Abtauchen ist am 31. Dezember und Antauchen am 1. Januar“, erzählt Uwe Schaub, der diesem Hobby seit 2004 nachgeht, lachend. Vorher war der ehemalige KEV-Spieler auf dem Eis zu Hause, statt unter Wasser. Gemeinsam mit Poßberg hat er im letzten Jahr die Abteilungsleitung von Frank Schubert übernommen. Für beide ist auch die Nachwuchsarbeit ein wichtiges Thema.

Wer im Verein Tauchmitglied werden möchte, muss dem Verein eine Tauchbefähigung vorlegen. Alternativ kann jeder auch eine Tauchausbildung am Königshütte-See absolvieren: „Es gibt eine theoretische und eine praktische Ausbildung nach den Richtlinien anerkannter Tauchverbände“, erläutert Schaub das Verfahren, das er selbst als Tauchlehrer anbietet. „Zusätzlich dazu können aber auch noch Spezialkurse wie zum Beispiel die Unterwassernavigation absolviert werden.“ Dass das durchaus praktisch sein kann, erklärt er mit Blick auf den See: „Die tiefste Stelle misst mehr als 20 Meter, da kann man aufgrund der Sicht schnell die Orientierung verlieren, daher ist es gut, wenn man mit einem Kompass sicher umgehen kann.“ Einfach Auftauchen ist nämlich in dem See, auf dem auch Segler, Stand-up-Paddler und Surfer unterwegs sind, nicht erlaubt: „Jeder hat hier einen bestimmten Bereich, damit wir uns nicht in die Quere kommen“, erläutert Poßberg.

Während Schaub den Blick über das Wasser gleiten lässt, werden weitere Tannenbäume nach und nach ins Wasser gezogen. Voller Begeisterung zeigt der Krefelder Fotos von der Unterwasserwelt des Sees und kommt aus dem Schwärmen nicht mehr heraus: „Das Faszinierende am Tauchen ist die Ruhe unter Wasser. Du gleitest durch das Wasser und fühlst dich vollkommen wohl und ohne jeglichen Stress. Und immer wieder entdeckt man etwas Neues dort unten.“

Sooft es ihm möglich ist, zieht sich Schaub seinen Anzug an und tauch tab. Gerne auch mal in anderen Gefilden als am Niederrhein, denn die Unterwasserwelt ist sehr abwechslungsreich: „Beim Tauchen sollte jeder auf verschiedene Situationen richtig reagieren können. Daher ist es wichtig, dass man dem Hobby regelmäßig nachgeht und auch die körperlichen Voraussetzungen dafür mitbringt.“ Auf  seiner „Bucketlist“ steht neben dem Tauchen in der Silfra-Spalte in Island, wo die Kontinentalplatten von Europa und Amerika aufeinandertreffen, auch das Tauchen unter Eisflächen: „Dafür muss man allerdings schon ein gewisses Level haben“, verrät Schaub, und seine Augen strahlen. Die Faszination fürs Eis ist ihm halt doch noch geblieben. Jetzt wird sie nur geteilt mit der Faszination fürs Wasser. Das Element ist immerhin das Gleiche.

 

Mehr zum SSCK: www.ssck.de

 

 

 

 

Über den/die Autor/in: Sarah Weber

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Tags: , , , , 0 Kommentare on Das “Riff” am Königshütte-SeeVeröffentlicht am: 8. März 2023Zuletzt bearbeitet: 8. März 2023816 WörterGesamte Aufrufe: 389Tägliche Aufrufe: 14,1 Minuten Lesezeit

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