Als Krefelder kennen wir ihn vor allem aufgrund polarisierender stadtbildbestimmender Gebäude wie dem Seidenweberhaus oder den Hochbunkern aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Dabei gehört er zu den ältesten Baustoffen der Welt und kann auch anders als klobig. Beton wurde bereits in der Antike entwickelt und diente fortan als wichtiger Baustoff, der unter anderem die Erschaffung der gigantischen, noch heute existenten Kuppel des Pantheons ermöglichte. Wer ein wenig im Netz stöbert, stößt auf eine schier unendliche Vielfalt verschiedener Betonarten und Verwendungsmöglichkeiten – und die ständige Weiterentwicklung des grauen Alleskönners ist noch lange nicht abgeschlossen. Das Krefelder Designerpaar Diana Schmidt-Rothmeier und Bernd Grellmann begeistert der graue Verbundwerkstoff so sehr, dass sie ihm eine eigene Manufaktur gewidmet haben. Eine langlebige Leidenschaft.
Wie schick Beton aussehen kann, beweisen die liebevoll handgefertigten Betonaccessoires und -möbel der zwei Kreativen, die jüngst – nicht zuletzt aufgrund eines Artikels in der bundesweit beliebten Zeitschrift „Landlust“ – überregionale Bekanntheit erlangt haben. Und dabei hat eigentlich alles als Hobby angefangen. Aber so ist das ja bei vielen guten Ideen. „Beton war immer eine Leidenschaft von mir. Ich mochte den Werkstoff im Studium schon sehr und habe damit einige Projekte gemacht. Danach habe ich das in meiner Freizeit weitergetrieben“, erzählt Diana, die das rasante Wachstum ihres Herzensprojekts selbst noch gar nicht richtig fassen kann. „Der Ordner da hinten sind nur die Bestellungen von einer Woche. Das ist so krass“, bemerkt sie kopfschüttelnd.
Ein Zauberteig aus drei Zutaten
Gestartet im Pionierhaus markierte wohl der Umzug in die umgebaute Lagerhalle an der Pestalozzistraße, in der wir uns an einem sonnigen Dienstag im April verabredet haben, den Übergang vom Freizeitprojekt zum Unternehmen. Inzwischen dient sie dem gewachsenen Team als Werkstatt, Showroom und Büro in einem. Hier eine funktionale Werkbank, bedeckt von grauen Spritzern, auf der sich Gussformen, Wasserbecken und Werkzeuge aneinanderreihen. Dort ein großer Arbeits- und Besprechungstisch, dahinter hohe dunkle Metallregale voller Betonschalen, Outdoorfeuer und Wohnaccessoires, die seit der Firmengründung 2019 entstanden sind.
„Unser erstes Produkt war eine Schale, ganz unspannend. Das ist das, was alle am Anfang mal machen. Und dann kam eins zum anderen“, lacht Diana, die nach der Schule erst eine Ausbildung zur Konstrukteurin absolvierte. Nach ihrem Designstudium an der Hochschule Niederrhein kehrte die gebürtige Duisburgerin zunächst für mehrere Jahre zu ihrem ersten Metier zurück – als Produktdesignerin und Konstrukteurin in der Automobilzuliefererbranche. Als der Beruf ihr schließlich zu technisch wurde, hatte die heute 41-Jährige wertvolle Computerkenntnisse im Bereich 3D-Modellierung und Werkstoffkunde gesammelt, die dem kleinen Grellroth-Team jetzt zugutekommen. „Ich habe damals sehr früh schon viel Verantwortung bekommen, die Lernkurve war extrem. Da habe ich diese ganzen betrieblichen Abläufe gelernt, vom ersten Strich bis zur Produktion“, beschreibt sie.
Während Bernd Grellmann nach wie vor als Dozent für Text, Präsentation und Praxiswissen tätig ist, stürzt sich Diana seit rund zwei Jahren Vollzeit in den Beton. Dem Erstlingsprodukt folgen minimalistische Schlüsselmagnete, der Handy- und Tablethalter „Utensilo“, Tischplatten, Waschbecken und vieles mehr. Alle Formen entspringen dem kreativen Geist der Firmenchefin und wandern digital in den hauseigenen 3D-Drucker, der seinerseits unermüdlich Schicht für Schicht Betongussformen produziert.
Alles grau in grau?
Übrigens kann der vielseitige Werkstoff auch bunt – dafür ist allerdings viel Geduld und Experimentierfreude gefragt. Bis sie die optimale Mischung für den angestrebten Ton gefunden haben, müssen Diana und Bernd oft lange suchen. „Es gibt nicht die Betonrezeptur. Jeder hat seine eigene“, erklärt das Paar.
Neben ihrem Schwerpunkt im Bereich Interior- und Outdoor-Design entwickeln Diana und Bernd unter anderem Produkte im Bereich Nachhaltigkeit und Naturschutz. Ihr „BeeHouse“, ein Bienenkastensystem nach dem Vorbild der typischen dreifarbigen Kinderbauklötze und Pionierprojekt in dieser Sparte, stellten sie passend zum Bauhausjahr vor. „Mit unserem Produkt möchten wir um Grunde Werbung für das Thema machen. Man sensibilisiert die Leute dafür, ihre Gärten entsprechend zu gestalten“, beschreibt die Firmenchefin. Nachhaltigkeit ist bei Grellroth ohnehin an der Tagesordnung. Alle Arbeitsprozesse der kleinen Manufaktur laufen maximal ressourcenschonend. Jeder Liter Wasser, jedes Bruchstück Beton, sämtliche Lappen, Handschuhe und Produktionsformen werden mehrfach verwendet beziehungsweise recycelt.
Zusätzlich zu den eigenen Produkten entwickeln und fertigen Diana, Bernd und ihr Team aus weiteren „Hochschulgewächsen“ auch viele Auftragsarbeiten: Die Expertise des kleinen Unternehmens hat sich bereits herumgesprochen. Immer wieder melden sich Kunden mit den ungewöhnlichsten Projektanfragen. „Ich habe gehört, ihr könnt das“, sagen sie. Und so entstehen in der Manufaktur auch regelmäßig Kuriositäten und Sonderanfertigungen wie eine zwölfteilige, vom Kamasutra inspirierte Buchstützenkollektion, ein Beton-Dauerkaffeefilter oder die gesamte Innenausstattung eines hippen Berliner Friseursalons.
Zeit- und Grenzenlos
Dabei beweist Grellroth einmal mehr die Gültigkeit der bekannten Gestaltungsmaxime „Form Follows Function“: Alles ist schlicht und durchdacht – und genau deswegen unbestreitbar ästhetisch. „Ich mag Produkte mit Funktion“, bestätigt Diana. „Das klingt rudimentär. Aber ‚nur schön‘ catcht mich nicht. Mich spricht es an, wenn ein Ding einen Sinn erfüllt. Manchmal entwickelt sich daraus auch die Schönheit einer Sache.“ Ihre Kunden geben ihr recht, die Anfragen steigen. Und deswegen wird die Manufaktur bald um eine Fertigungshalle erweitert.
„Die Grenzen des Betons sind die Grenzen unserer Fantasie“, hat mal ein bekannter Bauingenieur gesagt. Und bis die erreicht sind, werden an der Pestalozzistraße noch viele, viele Ideen in Form gegossen werden – denn das Entwicklungspotenzial des Werkstoffs ist noch ebenso wenig erschöpft, wie Diana Schmidts Ideenreichtum.
Betonmanufaktur Grellroth
Pestalozzistr. 35
47803 Krefeld
mail@grellroth.de
Tel.: 02151 7636099
www.grellroth.de
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