Amelie hat den Wunsch, Fußballprofi zu werden. Jule träumt davon, als Bauarbeiterin irgendwann richtig schwere Steine zu schleppen. Und Julian würde am liebsten, wenn er groß ist, Kleider nähen.
Wir vermuten, dass viele unserer Leser:innen ins Stocken geraten, wenn sie diese Zeilen lesen, und auf eine merkwürdige, undefinierbare Art und Weise, das Gefühl haben, dass an diesen Wünschen irgendwie etwas nicht stimmt. Auch Sara Mrozek kennt diese Selbsterkenntnis, denn die 38-Jährige ist sich sicher: „Noch heute denken wir unbewusst immer wieder in vorbestimmten Rollenbildern.“ Wenn ein Mädchen ein Prinzessinnenkleid tragen möchte, dann wundert sich niemand. Wenn aber ein Junge davon erzählt, dass er einen Elsa-Schneekönigin-Geburtstag feiern möchte, dann sind Eltern und Freunde erst einmal irritiert. „Ich wünsche mir, dass unsere Kinder genauso sein dürfen, wie sie es sich wünschen“, erklärt die zweifache Mutter. „Und das zu vermitteln, beginnt eben schon, wenn sie ganz klein sind, hat aber auch zur Folge, dass wir uns als Eltern hinterfragen müssen.“ Rollenbilder prägen unser Werteverständnis vom Anbeginn unseres Lebens. Mit dem Wunsch, diese Spirale aufzubrechen, ist Sara Mrozek vor Kurzem zur Autorin geworden.
Es war 2017, als Mrozek im Rahmen ihres Master of Business Administration in einer einwöchigen Übung eine Idee zu einem Business-Pitch vorbereiten sollte. Schon immer zog das Thema „Women Empowerment“ die Betriebswirtin in ihren Bann. Erlebte sie als Angestellte in einem großen amerikanischen Konzern die Frauenförderung in vielen unterschiedlichen Facetten, fiel ihr damals als junge Mutter auf, wie stark Rollenbilder Frauen in Gesellschaftsstrukturen immer wieder unter Druck setzen. „Mit Kindern die eigene Karriere fortführen zu wollen, sorgt immer noch für Vorbehalte“, erklärt sie. „Frauen, die beispielsweise den Stellenumfang mit Kindern nicht reduzieren möchten, werden oft schräg angeguckt. Der Weg der Frau ist für viele immer noch eindimensional.“ Kein Wunder, fand Mrozek beim Hinterfragen der Motive heraus, denn selbst in Kinderbüchern wird vermittelt, dass Frauen einen häuslichen und fürsorgenden Charakter haben, während Männer karriereorientiert und stark sind. „Ich pitchte also mit der Idee, eine Kinderbuchreihe herauszubringen, die diese Rollenbilder aufbricht“, erklärt sie. „Denn ein Weg heraus aus der Spirale ist, schon den ganz Kleinen zu zeigen, dass es unterschiedliche Lebenswege gibt, die aber alle in ihren Besonderheiten richtig sein können.“
Was als Übung begann, verfestigte sich immer mehr. Nachdem Emilia, die 2017 geboren wurde, mit Malena 2020 eine kleine Schwester bekam, begann die zweifache Mutter, ein umfassendes Konzept zu erarbeiten und fasste das Ziel in den Blick, wirklich ein Buch zu veröffentlichen. „Ich schrieb immer schon gerne, aber ich bin eben auch Betriebswirtin“, erzählt sie lachend. „Genau wie das Schreiben des Buches, reizten mich also von Anfang an auch die Aufgaben abseits der Autorentätigkeit. Ich verbrachte viel Zeit mit Recherche rund um Druck, Marketing und Unternehmensgründung.“ Am Ende entschied sich Mrozek, nicht etwa auf einen Verlag zu bauen, sondern ein Buch in Eigenregie herauszubringen.
Gleichzeitig tüftelte sie an ihrer Geschichte. Erst auf ihren Notizblöcken und anschließend auf dem Zeichenpad von Illustratorin Sabine Marie Körfgen, entstand die Protagonistin. „Emi“ ist ein blondes aufgewecktes Mädchen, das Abenteuerlust und Neugierde versprüht. Sie trägt nicht etwa einen rosa Tüllrock, sondern ein blaues Shirt und bunte Strumpfhosen. „Emi begegnet in ihren Geschichten Frauen, die in verschiedenen Berufsbildern arbeiten“, erklärt die Autorin. Emi begleitet sie dabei und wird immer wieder selbst zur Heldin. „Mir ist es wichtig, zu zeigen, dass Mädchen stark sind“, erzählt Mrozek weiter. „Charaktereigenschaften sollten keine Geschlechter tragen.“ Wichtiger sei dagegen, dass die kleinen Leserinnen und Leser lernen, dass am Ende jeder Berufswunsch und jede Form zu leben richtig sei. Egal, ob Prinzessin oder Prinz, ob Bauchtänzerin oder Bauchtänzer, ob Architektin oder Architekt oder eben Polizistin oder Polizist – jedes Kind kann alles sein.
„Emi und der Süßigkeitenräuber“
Unter dem eigenen Label „Emis Welt Kinderbücher“ veröffentlichte Sara Mrozek Ende 2020 nun ihr erstes Emi-Buch. In „Emi und der Süßigkeitenräuber“ hilft das Mädchen der Polizistin Tina, einen Dieb zu fangen, der im Kiosk nebenan Bonbons, Schokolade und Co. gemopst hat. Gemeinsam mit Hund Max folgen die beiden der Süßigkeitenpapierspur. Am Ende fasst Emi natürlich nicht nur den Dieb, sondern sie darf im Streifenwagen mit schallenden Sirenen mitfahren und wünscht sich, später selbst einmal Polizistin zu werden.
Mit dem Buch ist Mrozek nun zu Lesungen in Kindergärten zu Besuch, verkauft es auf ihrer Webseite und beschickt Bücherläden damit. „Eine einfache Geschichte mit großer Wirkung“, sagt sie schmunzelnd. „So erziehen wir Kinder ohne Rollenklischees.“ Bei der Entwicklung des Buches hat übrigens Tochter Emilia fleißig als Probeleserin geholfen. Zwar versteht sie noch nicht, was es bedeutet, dass Mama nun ein eigenes Buch herausgebracht hat, aber erst vor Kurzem berichtete sie ganz stolz, dass Jungen aus der Kita Bonbonpapiere auf dem Bürgersteig gefunden hätten und daraufhin neunmalklug verkündeten, dass der Süßigkeitenräuber wohl in der Kita unterwegs sei. „Das ist dann schon ein tolles Gefühl“, schildert Sara Mrozek. „Und natürlich macht es mich stolz, dass ich das neben zwei Kindern, einer Vollzeitstelle und allen Aufgaben, die man sonst noch so als Mutter, Partnerin und Berufstätige hat, geschafft habe.“ Nicht nur Emi ist damit ein starkes Mädchen, sondern auch Sara Mrozek zeigt in ihrer Rolle, wie das Leben als starke Frau funktioniert.
Weitere Informationen zu Emis Welt findet ihr auf www.emis-welt.de und bei
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